7. Kongress
Frauen machen Thüringen – Durchstarten in Wissenschaft und Forschung!
am 4. November 2013 im Volksbad in Jena
Lebendig und inspirierend: 120 Kongressteilnehmerinnen – darunter viele junge Studentinnen und Doktorandinnen – trafen am 4. November 2013 in Jena auf Professorinnen, Unternehmerinnen und Forscherinnen aus Thüringen, um sich zu Fragen der Karriereplanung auszutauschen.
"Viele Teilnehmerinnen haben sich inspiriert gefuehlt und wissen durch die Veranstaltung konkret welchen Lebensweg sie einschlagen möchten. Ich freue mich sehr, dazu beigetragen zu haben. Frauen, die Wissenschaft braucht Euch!" (Prof. Dr. Manja Marz, 32 Jahre alt, Key Note Sprecherin "Frauen machen Thüringen")
„Vor allem muss man sich mit einem Thema befassen für das man wirklich brennt", sagte Prof. Dr. Solveig Richter, Juniorprofessorin an der Willy-Brandt-School of Public Policy in Erfurt. Eine starre Planung der Karriere sei ohnehin nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Vielmehr sollten junge Frauen Freiräume nutzen, Chancen erkennen, ergreifen und „einfach machen". Oft sei es nötig, unkonventionelle Lösungen zu finden, um bürokratische oder gesellschaftliche Hürden zu umgehen.
"Stillen kann ich auch während ich Mitarbeitergespräche führe"
Wie das funktioniert, zeigt Key Note Sprecherin Prof. Dr. Manja Marz – heute in Jena Juniorprofessorin für Bioinformatik. Sie schaffte es z.B. nach ihrem Doppelstudium die Prüfungsordnung so zu ändern, dass sie beide Fächer zeitgleich abschließen konnte. Unkonventionell verläuft auch die Familienplanung der Wissenschaftlerin. „Ich nehme mein jüngstes Kind einfach mit in die Universität. Oft habe ich es im Tragetuch, wenn ich eine Vorlesung halte", sagte die dreifache Mutter. „Stillen kann ich auch während ich Mitarbeitergespräche führe."
Es sei vor allem das Umfeld, was sich daran gewöhnen müsse, dass Kinder auch im Alltag einer Wissenschaftlerin ganz selbstverständlich dazu gehören. „Ich kann mir meine Arbeitszeit frei einteilen kann, was mir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehr erleichtert." Bei Marz sieht das so aus: Von acht bis 14 Uhr lehrt sie an der Universität, der Nachmittag gehört den Kindern. Sind die Kinder am Abend im Bett, wendet sie sich wieder ihrer Arbeit zu.
Unbefristete Stellen in der rush hour des Lebens
Leidenschaft fürs Fach und Mut sind wichtig, aber nicht alles. Einig waren sich Teilnehmerinnen und Referentinnen darüber, dass dringend strukturelle Rahmenbedingungen verbessert werden müssen, damit mehr Frauen an Universitäten erfolgreich arbeiten können. „Wir brauchen gesicherte Positionen, nicht nur Zwei- oder Drei-Jahres-Verträge", sagte Prof. Dr. Dagmar Schipanski, heute Rektorin des Studienkollegs zu Berlin. Die Ilmenauerin kennt die Wissenschaftslandschaft aus ihrer Zeit als Thüringer Ministerin und als Vorsitzende des Wissenschaftsrates der Bundesrepublik Deutschland. Gerade Frauen bräuchten Planungssicherheit, wenn in der rush hour des Lebens Karriere und Familiengründung zusammen fielen.
„Wissenschaftlerinnen in Spanien und Italien finden bessere Bedingungen für eine Universitätskarriere vor", sagte Prof. Dr. Luz Conti Jimenéz von der Universidad Autónoma de Madrid, die dazu einlud, Erfahrungen im Ausland zu sammeln. „ Auch in Spanien gibt es zu wenige Professorinnen, allerdings gibt es an den Universitäten einen starken Mittelbau mit attraktiven und unbefristeten Stellen, in dem viele Forscherinnen arbeiten und sich sehr wohl fühlen."
Kontakt zur Wirtschaft halten
Alternative Karrierewege stellten Wissenschaftlerinnen vor, die als Unternehmerinnen Erfolg haben. Dr. Dana Kralisch Forschungsgruppenleiterin am Institut für Pharmazie der FSU Jena und Gründungsgesellschafterin der JeNaCell GmbH erklärte im Impulsmeeting, wie sie ein im Labor entwickeltes Biomaterial auf den Markt brachte. „Ein Produkt muss vor allem gebraucht werden. Man muss deswegen immer den Kontakt zu Unternehmen halten und darf nicht im dunklen Kämmerlein vor sich hin forschen." Dr. Ute Bergner sagte: „Mir sind Selbstverwirklichung und Freiheit wichtig. Deswegen habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt." Die Jenaerin ist Geschäftsführende Gesellschafterin der VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH. Sie sprach einen Punkt an, den alle Referentinnen bestätigten: „Entscheidend für den Lebens- und Karriereweg ist die Partnerwahl. Ich hätte diesen Weg nicht gehen könne, wenn mein Mann nicht immer hinter gestanden hätte."
„Ich habe den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt, weil mir Selbstverwirklichung wichtig ist", sagte Dr. Ute Bergner,
Geschäftsführende Gesellschafterin der VACOM Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH (Foto: pme Familienservice)
tauschten sich Referentinnen und Teilnehmerinnen über ihre Erfahrungen, Ziele und nächste Schritte aus und
knüpften Kontakte (Foto: pme Familienservice)
Die neue Studie: Frauen in der Thüringer Wissenschaft
Die neue Studie zum Kongress zeigte: Thüringen verfügt über eine gut ausgebaute Forschungslandschaft: Neun staatliche Hochschulen, die Einrichtungen von vier überregionalen Forschungsgemeinschaften und etliche außeruniversitäre Forschungsinstitute tragen zum guten Ruf des Landes als Technologie- und Wissensstandort bei. In bundesweiten Hochschulrankings belegen die TU Ilmenau, FSU Jena und FH Schmalkalden kontinuierlich Spitzenpositionen. Besonders in den Ingenieurwissenschaften punkten die Hochschulen des Freistaates.
Mit flachen Hierarchien, kurzen Wegen und guten Kinderbetreuungsangeboten sind die Thüringer Hochschulstandorte zudem sehr familienfreundlich. Allein die guten Standort- und Rahmenbedingungen führen aber nicht dazu, dass mehr Frauen als im Bundesdurchschnitt an Thüringens Hochschulen lehren und forschen.
In Thüringen müssen Frauen, die eine wissenschaftliche Karriere anstreben, Hürden nehmen. Das Land ist als Forschungsstandort gut etabliert, im bundesweiten Gleichstellungsranking rangieren die Hochschulen Thüringens trotz exzellenter Studienbedingungen und hoher Familienfreundlichkeit jedoch auf den letzten Plätzen. Auch in außeruniversitären
Forschungseinrichtungen und forschungsnahen Unternehmen besetzen nur wenige Frauen Führungspositionen.
Gute Aufstiegschancen für Ingenieurinnen
Vergleichsweise gute Chancen für einen Aufstieg in der Wissenschaft haben Frauen in Thüringen in den Ingenieurwissenschaften: Sowohl unter den Absolventinnen, wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen sowie Promovendinnen liegt der Frauenanteil hier über dem Bundesdurchschnitt (Bund 17 %, Thüringen 23 %). Dies spiegelt sich aber nicht in den Professuren der Ingenieurwissenschaften wider: Sowohl bundesweit als auch im Freistaat sind davon nur knapp 10 Prozent weiblich besetzt.
Die Studie zeigt auch: Vorbilder sind entscheidend: Erfolgreiche Karriereverläufe und herausragende Leistungen von Wissenschaftlerinnen motivieren Nachwuchsforscherinnnen und geben Orientierung und Einblicke in mögliche Karrierewege. Mentoring-Programme leisten hier sehr gute Unterstützung und helfen bei der Vernetzung der Frauen. Mehr zur Studie lesen Sie hier.
Initiative „Frauen machen Neue Länder"
Der Kongress „Frauen machen Thüringen – Durchstarten in Wissenschaft und Forschung!" – der die Kongressreihe der erfolgreichen Initiative „Frauen machen Neue Länder" fortsetzt – möchte hier ebenfalls einen Beitrag leisten. Neben der Begleitstudie gehören zur Initiative „Frauen machen Neue Länder" ein Onlinemagazin und eine Facebook-Fanseite mit über 600 Fans (mehr unter www.frauenmachenneuelaender.de). Die pme Familienservice Gruppe konzipiert und realisiert die Kongressreihe und die Vernetzung im Internet im Auftrag des Beauftragten der Bundesregierung für die Neuen Bundesländer. Der Kongress sowie die Begleitstudie „Frauen machen Thüringen – Durchstarten in Wissenschaft und Forschung" wurden in Kooperation mit der Thüringer Beauftragten für die Gleichstellung für Mann und Frau durchgeführt. Die Studie wurde vom Büro für integrierte Planung Berlin erarbeitet. Die Autorinnen sind Uta Bauer und Susanne Dähner.